Früher dachte ich, dass Menschen, die nicht gerne rauchen, Alkohol trinken und abfeiern, voll langweilig sind. Heute finde ich es am attraktivsten, präsent und abstinent zu sein.
Bis ich 15 Jahre alt war, habe ich als Kunstturnerin und Tänzerin alles, was mit Rauchen und Alkohol zu tun hatte, voll abgelehnt. Für mich war Bewegung und tanzen das Wichtigste. Mein Wert von Freiheit stand schon damals hoch im Kurs.
Die Brille des Verliebtseins machte Zigaretten rauchen attraktiv
Dann verliebte ich mich in einen Musiker. Er kam aus einer freakigen Familie. Kaffee trinken, Zigaretten rauchen und kiffen war dort Alltag. All das kannte ich nicht von meinem Zuhause. Frisch verliebt empfand ich diese Musikerfamilie als viel cooler, fortschrittlicher und freier als meine Herkunftsfamilie. Mein wohlbehütetes und schön geordnetes Elternhaus erschien mir plötzlich langweilig und spießig.
Meine Neugier und meine Abenteuerlust waren groß. Wieso sollte ich das Rauchen nicht einfach mal ausprobieren?
Rauchen als das Symbol von Freiheit
Mein Freund drehte mir meine erste Zigarette, machte eine Kerze an, legte romantische Musik auf und ich nahm einen ersten Zug. Das Nikotin haute mich um. Mir war sofort ganz schummerig und schwindlig. Ich war fasziniert, wie ein einziger Zug einer Zigarette eine neue Welt für mich öffnete. Ich war jung und heiß auf neue Erfahrungen; wollte raus aus meinem wohlbehüteten Nest. Rauchen war das Symbol für diesen Ausbruch. Dass Nikotin abhängig machen kann, davon hatte ich gehört. Aber für mich konnte ich mir das nicht vorstellen. Dass Nikotin in die Funktion meines Gehirns eingreift und durch den Botenstoff Dopamin mein Belohnungssystem aktiviert, davon wusste ich damals nichts. In meiner romantischen Verliebtheit war Rauchen etwas Schönes, sanftes und bezauberndes. Und ich war stark, souverän und unverwundbar. Welch irrige Bilder.
Abhängig werden nur die Anderen. Mir passiert das nicht!
Damals wusste ich nicht, wie sich Abhängigkeit, Zwang oder etwas unbedingt haben oder tun müssen anfühlt. Erstmals erlebte ich das mit 19 Jahren, als ich aufhören wollte zu rauchen und mir das nicht gelang. Den missglückten Aufhörversuch vergaß ich schnell und rauchte weiter. Ich glorifizierte meine Clique und fand uns toll und einzigartig. Schlagartig gehörte ich dazu. Damals war ich überzeugt von meiner Annahme, dass ich niemals von etwas abhängig werden würde. Dafür war ich viel zu lässig, zu frei und zu selbstbewusst. Wie sehr ich mich täuschte, erlebte ich im Verlauf meines Lebens.
Was habe ich gerne geraucht! Ich fand mich so sexy, so frei und so souverän. Wenn die Raucher in Grüppchen zusammen standen, waren sie einfach immer besser und interessanter als diese blassen, langweiligen Nichtraucher.
Zigaretten-frei ist cool
Die Zigarette war meine Alleskönnerin und meine Droge, bis ich 39 Jahre alt wurde. Zu lernen, dass genau das Gegenteil cool, frei und unabhängig ist, war ein hartes Stück Arbeit. Doch dieser Weg der Lösung hat sich sehr gelohnt. Von 40 Zigaretten täglich auf 0. Wenn man das geschafft hat, weiß man, wie ein innerer Wandel geht. Wie sich Häutung und Verzicht anfühlen. Was innere Leere und Schmerz sind und wie diese Gefühle überwunden werden können. Und wenn man bereit ist, diese Transformation bewusst zu vollziehen, von innen nach außen, dann ist man danach wahrlich neu geboren! Wie der Weg der Lösung aus einer Zigarettensucht möglich ist, beschreibe ich meinem Programm Zigaretten-frei. Für alle, die ihre Abhängigkeit nicht einfach weg haben wollen, sondern begreifen und lösen möchten, ist dieses Programm gemacht.
Je eher Menschen wieder aufhören mit dem Rauchen, umso besser
Gerne möchte ich auch junge Menschen ansprechen. Ich bin mir sicher, dass es da draußen viele Heikes gibt, die alleine und heimlich schon mehrmals versucht haben, mit dem Rauchen aufzuhören und gescheitert sind. Ich bin davon überzeugt, dass ein Aufhören in jungen Jahren sehr sinnvoll ist. Je eher Menschen wieder aufhören, mit dem Zigaretten rauchen, umso besser. Ich hätte mir vieles erspart, wenn ich mit 19 Jahren meinen emotionalen Zigarettenentzug verstanden hätte und mir jemand einen Lösungsweg hätte zeigen können. Wenn du dich angesprochen fühlst, schau vorbei bei Zigaretten-frei.
Alkohol trinken gehörte einfach dazu
Nach meinem Studium machte ich als PR-Referentin und später als Sponsoring- und Eventmanagerin in einer Brauerei Karriere. Damals erhielt jeder Mitarbeiter sechs Kisten Bier im Monat. Da ich auf Bier nicht so stand, habe ich meine Gutscheine verschenkt. Doch bei offiziellen Anlässen musste Bier getrunken werden. Ich gewöhnte mich ganz langsam an diesen bitteren Geschmack. Dass ich Bier mochte, entwickelte sich langsam, über die Jahre hinweg. Ich erlebte wilde Zeiten. Experimentierte mit der Liebe und der Sexualität. Glaubte an die Freiheit in der Liebe und wollte eine offene Beziehung führen, um meine Liebesfähigkeit zu erhöhen. Gemeinsam mit meinem damaligen Lebenspartner leitete ich Gruppen, organisierte Treffen und wir feierten große wilde Feste. Wieder war ich in einem Kontext gelandet, von dem ich dachte, dass wir und ich etwas besonders sind: Wir, die Revolutionäre, die die Welt verändern. Wir, die für Freiheit, Feiern und Lebensgenuss stehen. In meiner Schwangerschaft trank ich keinen Tropfen Alkohol. Das war so leicht und so selbstverständlich, dass ich gar nicht auf die Idee kam, dass ich Alkohol als Stimmungsveränderungsmittel benötigte.
Wechseljahre und Alkohol
Später, in meinen Wechseljahren realisierte ich, dass Alkohol für mich zu einem Lebenshelfer geworden war. Ein guter Freund in der Not, der immer da war, wenn ich ihn brauchte.
Auch wenn ich nie eine Alkoholikerin war, habe ich den Alkohol benutzt, um meine Einsamkeit, meine inneren Schmerzen und meine Lebensenttäuschungen zu betäuben, anstatt mein Innenleben zu bewältigen. Hätte ich weiter konsumiert, wäre der Weg in die Alkoholabhängigkeit der nächste Schritt gewesen.
Ich trank über Jahre hinweg sehr regelmäßig jeden Abend meine ein bis drei Flaschen Bier. Das ist schon eine Menge für eine kleine Frau mit eher wenig Körpermasse. Es hatte sich eine Trinkgewohnheit eingeschlichen. Das Abfeiern mit Leuten wurde seltener, doch das abendliche Bier blieb. Ich nahm wahr, dass mir mein Konsum häufiger entglitt.
Bin ich eine Alkoholikerin?
„Bin ich eine Alkoholikerin?“, fragte ich mich und andere.
Ich ging zu den AA und die Menschen dort lachten mich einfach aus: „Mädel, wenn ich am Abend nur ein bis drei Flaschen Bier trinken könnte, dann würde ich mich an deiner Stelle einfach freuen. Das ist doch nichts!“
Ich war bei einem Suchttherapeuten: „Frau Schmidt, trinken sie einfach ihr Bier und schreiben sie ein Buch mit dem Titel, die Sommertrinker.“
Ich fragte meine Freunde: „Ach was. Du bekommst doch dein Leben voll gut auf die Reihe! Wenn du mitunter zu viel trinkst, ist das doch kein Problem.“
Ich ging in eine psychosomatische Klinik. Gleicher Befund: nicht süchtig.
Nicht süchtig und doch keine Konsumfreiheit
Und doch hatte sich mein Blick auf meinen Bierkonsum komplett verändert. Und auch wenn ich nicht definitionsgemäß süchtig war, spürte ich, dass ich im Konsumumgang keine Freiheit mehr hatte. Früher stand Alkohol für mich als Symbol von: „Ich feiere und genieße mein Leben.“ Doch nun war Alkohol trinken Stück für Stück zu einem Automatismus geworden, der mir nicht mehr guttat.
Ich trank, um Wirkung zu erzielen: entspannen, den Kopf abschalten, Gefühle manipulieren, einfach mal nichts mehr denken und machen müssen. Und dann bemerkte ich, dass ich die Dosis gelegentlich erhöhte, um noch higher, noch gesprächiger, noch lässiger, noch entspannter zu werden.
Konsumerhöhung ist uncool
Diese Dosiserhöhung war der Punkt, an dem mir klar wurde: Alkohol trinken ist nicht mehr cool. Alkohol trinken ist nicht mehr lässig.
Meine Haltung zu bewusstseinsverändernden Substanzen, zu coolen Gruppenritualen, zu Freiheitsriten veränderte sich sehr stark.
Ich machte einen Kurs im kontrollierten Trinken. Da erkannte ich, dass ich nicht kontrolliert trinken möchte. Ich wollte gar nicht mehr trinken. Ich sehnte mich, frei zu sein von dieser Substanz. Frei von zwanghaften Episoden.
Abstinenz wurde meine neue Coolness
Frei von Zigaretten und Alkohol wurde für mich die neue Coolness.
Heute, nachdem ich schon viele Jahre alkoholabstinent bin und noch viel mehr Jahre Zigaretten-frei lebe, kann ich ganz klar sagen: Das Leben ist geiler ohne!
- Ich bin fitter, wacher, gesünder.
- Ich kann mein Hirn einschalten, wann immer ich will.
- Ich kann zu jeder Tageszeit Auto fahren und muss keine Veranstaltung verlassen, um draußen mal eine rauchen zu gehen.
- Ich bin dankbar, wenn ich am späten Abend auf einem Fest nicht in wabernde Gespräche versinke, sondern einfach sagen kann: „Liebe Leute. Danke für den schönen Abend. Jetzt ist es nicht mehr meine Veranstaltung. Ich mache mich dann mal vom Acker.“
- Ich kann mich konzentrieren, ganz ohne.
- Ich habe ganz neue Möglichkeiten gefunden, um mich zu entspannen.
- Ich bin glücklich im Moment und brauche nicht erst noch eine Zigarette oder ein Bier.
- Ich habe viel gelernt über Glaubenssätze, Mindfuck und Mindsets.
- Ich gewachsen und stärker geworden durch meinen bewusst gewählten Verzicht.
In meiner Wandlungszeit gab es manchmal noch eine Sehnsucht, wieder in diese Konsumräume einzusteigen, um Teil der Gruppe zu sein. Doch das sind Übergangsschmerzen, die mit der Zeit vergehen.
Befreit und gelöst vom Zwang des konsumieren müssen und von der irrigen Annahme, dass ein Leben mit Zigaretten und Alkohol ein cooles und selbstbestimmtes Leben ist. Genau das Gegenteil ist der Fall: Für mich ist mein Leben ohne Zigaretten und ohne Alkohol ganz eindeutig das freiere und lebenswertere Leben.
Ich bin dankbar, dass ich in den Wechseljahren begriffen habe, dass ich die Herausforderungen, die diese Wechselzeit mit sich bringt, im nüchternen Zustand eindeutig besser meistern kann. Innere Arbeit ist insbesondere für Frauen in den Wechseljahren ein sehr hilfreiches Mittel für einen kraftvollen Wandel.
Wie ich den Weg aus dem zwanghaften Konsumieren geschafft habe, kannst du in meinen Programmen erfahren.
Gerne möchte ich auch Frauen ansprechen, die erfolgreich im Leben stehen und aufgrund ihres hohen Anspruchs an sich selbst Alkohol als therapeutisches Ausbalancierung- und Entspannungsmittel nutzen. An diesem Punkt die Reißleine zu ziehen und den Weg in eine tiefe Alkoholabhängigkeit zu vermeiden, ist mein Ansatz.
Oh oh, voll rein mit deinen Worten in die Wunde. Ein sehr motivierender Beitrag. Ich werde mich mal durch deine Angebote graben. Liebe Grüße Sylvia
Liebe Sylvia,
ich freue mich, dass mein Beitrag dich motiviert. Und vielleicht findest du ja ein passendes Angebot für dich. Oder wir schneidern eins, was dich unterstützt, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich habe da schon paar Ideen.
Herzliche Grüße
Heike
Yes Yes Yes, ich kann nur zustimmen.
Ich lebe seit 2 Jahren auch ohne Alk, geraucht habe ich zwar nie, aber es ist schon erstaunlich, wie sich der Körper positiv verändert, wenn das Gift Alkohol dem Körper nicht mehr zugeführt wird.
Es braucht viel, um das Durchzuziehen. Toll, dass Du einen dabei unterstützt.
Liebe Grüße
Julia
Liebe Julia,
wie schön, dass du seit zwei Jahren ohne Alk lebst. Super! Ja. Es braucht viel, um das durchzuziehen. Und es ist ein lohnenswerter Weg, weil Wege, die uns etwas abverlangen, meist richtig gute Wachsturmwege sind. Es lohnt sich, dranzubleiben. Auch nach Jahren.
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