Ich erzähle euch hier, was im April so bei mir los war.
Mein Bauwagen-Retreat
Im Juli 2021 habe ich einen süßen, kleinen Bauwagen gekauft. Ich wollte einen Retreat- und Schreibort für mich auf meinem Gelände haben. Meine Idee war damals, dass ich konzentriert und zurückgezogen mein Buch „Gewohnheiten-wandeln. Zurück zu dir.“ zu Ende schreibe. Ich stellte mir das toll vor. Ich hatte es förmlich vor Augen, wie ich in diesem Wagen sitze und eifrig mit glühenden Wagen schreibe. Wie ich alles um mich herum vergesse und es schreibt. Sicher würde im Wagen jedes Mal meine Schiffstellerseele geküsst werden. Doch dann kam es anders. Zunächst wollte die Gestalterin in mir den Wagen verschönern und umbauen. Es sollte ein Raum entstehen, der mich inspiriert und in dem ich mich wohlfühle. So war ich mit streichen, bauen und Einrichten beschäftigt. Als dann die Küchenschränke neu lackiert, ein Bett eingebaut, Lan-Kabel und Strom gelegt waren, waren die warmen Sommertage vorbei und der Herbst zog ins Land.
Dennoch machte ich Schreibexperimente und Zeiten im Wagen. Dabei realisierte ich, dass es ein recht großer logistischer Aufwand war mein Büro, meine Küchenutensilien, Bettzeug, Essen und was mir noch so alles notwendig erschien in meinen Bauwagen zu transportieren und dann wieder zurück. Da lief ich dann mit Korb und Kisten hin und her und benötigte manchmal mehrere Stunden, bis ich so richtig im Wagen angekommen war. Morgens war es schon sehr kalt. Der Bauwagen musste eingeheizt werden und ich durfte warten, bis er eine angenehme Aufenthaltstemperatur hatte. Es gab noch keine Komposttoilette. Das hieß: für die Morgentoilette hoch zum Wohnhaus und dann wieder zurück. Also war das Schreiben und Retreaten im Wagen zunächst keine so einfache Sache.
Da stand er also, der süße Wagen und wartete. Und wartete, während ich doch lieber in meinem geheizten Büro mit Toilettenanschluss arbeitete. Ich scheute die Umzüge, das Hin und Her und dass dann doch ständig etwas im Wagen fehlte. Ich verwarf das Schreiben und Retreaten und übernachtete mitunter einfach so im Wagen. Richtet langsam weiter ein und genoss die neue Gartenperspektive und den Blick in die Streuobstwiese. Manchmal lag ich mit meinem Liebsten einfach nur auf dem Bett und wir lasen einander etwas vor. Microauszeiten für die Seele. Herrlich! Für eine kurze Weile ein schlichtes Sein erleben. Ohne fließendes Wasser; einheizen, wenn es kalt wird. Die Natur förmlich durch den Wagen spüren. Das Leben verlangsamt sich und bekommt eine besondere Intensität. Das, was ich dachte schon zu kennen, entpuppte sich neu. Ich entdeckte neue Ecken und neue Sichtweisen. Neue Baumgestalten und neue Wolkenformationen. Und das fand ich schön.
Allerdings wurde deutlich, dass ich auch für ein schlichtes Leben eine Toilette benötige. So bauten wir Anfang 2023 ein Hühnerhaus in ein Toilettenhäuschen um.
Ich wurde gefragt, ob ich den Wagen auch Anderen zur Verfügung stelle. Das tat ich dann. Im Frühling und Sommer 2023 verbrachten verschiedene Menschen kleinere und größere Auszeiten im Wagen. Sie alle genossen das naturnahe Leben und das einfache Sein.
Und dann endlich! Im April 2024 war ich an der Reihe. Unglaublich. Erst jetzt realisiere ich, dass es tatsächlich fast 3 Jahre gedauert hat, bis ich mir meine eigene Auszeit im Bauwagen gegönnt habe. Ich habe diese Auszeit richtig eingeplant. Sie stand fix in meinem Kalender. Und mein Skeptiker hatte keine Chance, den Termin zu verschieben. Egal, wie sehr er herumnölte. Ich hatte mir das fest vorgenommen! Egal, welches Wetter ist. Egal, was sonst noch los ist. Da stand der Termin unverrückbar in meinem Kalender. Meine Auszeit. Ich war tatsächlich skeptisch, ob das etwas wird. Denn, wenn ich in meinem Garten unterwegs bin, sehe ich eigentlich immer etwas zu tun. Es gelang mir, mich auf die Zeit im Wagen einzulassen, zu entspannen und zu schreiben. Es war so wunderbar im Wagen, dass ich sogar meine Zeit verlängerte und insgesamt 5 Tage im Wagen gewohnt habe. Es war tatsächlich ein wenig wie Urlaub. Eingetaucht in eine andere Welt.
Nun plane ich weitere Auszeiten für mich im Wagen. Microauszeiten für mich, so nenne ich es. Eine Freundin kommt für ein kleines Retreat und zum Schmuck machen. Und vielleicht wird der Platz an der Streuobstwiese zu einem kleinen Retreatplatz. Ich bin gespannt. Manchmal benötigen Projekte und Ideen einfach ihre Zeit. Für mich ist nicht immer sichtbar, wohin die Reise geht. Ich tue den nächsten Schritt und bin neugierig.
Mein kleines Reisemobil bekommt TÜV und Hippieblumen
Mein kleines Reisemobil ist ein Piaggio Porter. So klein und in Deutschland so selten, dass das Auto nicht beim ADAC gelistet ist. Bei meiner ersten Panne fragte mich der ADAC Service, ob dieses Gefährt denn drei oder vier Räder hätte. Bei meinem ersten Werkstattbesuch sagte mir der Werkstattinhaber, dass das Auto Schrott sei. Das liegt jetzt zwei Jahre zurück und der Werkstattbesitzer hat seine Meinung über Auto, das ich liebevoll „meine Alte Dame“ nennen geändert. Schon nach der ersten Reparatur teilte mir der Automechaniker mit: „Mach dir keine Sorgen. Es ist besser in Schuss, als es aussieht.“ Ja. Er sah schrecklich aus, der Piggio Porter, als ich ihn kaufte. Und er hatte seine ganz eigenen, persönlichen Macken, wie das halt so ist, wenn man schon etwas länger auf der Welt ist. Ich lernte die Macken kennen und wusste dann mit der Zeit, was zu tun ist. So musste ich mich zum Beispiel zwei Jahre lange immer mal wieder unter das Auto legen und an etlichen Kabeln ruckeln, damit der Anlasser wieder funktionierte. Nun hat der Mechaniker in wenigen Minuten etwas zusammengepresst und meinte, jetzt sollte der Anlasser immer funktionieren. Und warum habe ich da jetzt zwei Jahre gewartet und lag bei Wind und Wetter unter meinem Auto?
Aufregend war es dann doch, als der TÜV nahte. Eine Freundin hatte gerade einen Mängelbericht für ihren Mercedes bekommen und der hatte es in sich. Über 1000 EUR kostete es bei ihr, das Auto durch den TÜV zu bringen. Ich war auf alles eingestellt. Vielleicht bekomme ich gar keinen TÜV mehr, war so das schlimmste Szenario. Meist hoffte ich, dass es klappen würde und mir so richtig große Reparatur erspart bleiben würden. Der TÜV Tag kam und ich saß´in Werkstatt und wartete. Es dauerte unerträglich lange. Ich war leicht nervös und atmete immer wieder tief durch. Dann endlich nach einer dreiviertel Stunde kam der TÜV Prüfer und meinte: „Alles okay. Das Auto ist fitter, als es aussieht. Bitte die Scheibenwischerblätter wechseln und das Rostloch an der Heckklappe spachteln.“ Da saß ich. Leicht fassungslos und gleichzeitig überglücklich. Kaum zu glauben. Keinen Mängelbericht! Einfach so durch den TÜV. Ich freute mich so sehr und war stolz auf mich. Ich hatte dieses Auto allein in Nürnberg gekauft. Und allem Voraussagen von Autokenner zum Trotz kam die „Alte Dame“ einfach so über den TÜV!
Noch am selben Tag bestellte ich die Blumentattoos. Das war mein Versprechen an mich selbst: Wenn es durch den TÜV kommt, bekommt es bunte Hippieblumen.
Frostnächte und Obstbaumblüten
Der Frühling kam in diesem Jahr sehr früh. Geschätzt zwei bis drei Wochen früher als sonst. Ich kann das einigermaßen gut einschätzen, weil mein Sohn am 12. April geboren ist. Viele Geburtstage haben wir im Garten gefeiert. Mit Schatzsuche, Lagerfeuer, Stockbrot und Kuchen. Ich erinnere mich, welche Bäume blühten, oder auch nicht. Wir haben eine Magnolie im Hof stehen. Vielfach blühte sie am 12. April schon. Es gibt viele Bilder mit dem Geburtstagskind unter der blühenden Magnolie. Doch in diesem Jahr blühte die Magnolie bereits Anfang April. Das gab es in meiner Erinnerung noch nie. Und auch die Obstbäume waren ca. zwei bis drei Wochen früher dran als normalerweise.
Für mich ist diese Blütezeit eine Zauberzeit. Jedes Jahr erneut laufe ich durch den Obstgarten und staune über dieses Naturwunder. Und jedes Jahr erneut hoffe ich, dass die Nächte mild bleiben und sich die Obstraumblüten ungestört zu kleinen Früchten entwickeln können. Jedes Jahr lausche ich auf die Bienen und Hummel. Wandere zu den benachbarten Bienenstöcken und freue mich, wenn sie bewohnt sind und ihr Summen laut zu hören ist.
In diesem Jahr kam dann die Hiobsbotschaft: Der Frost kommt wieder! Ich starrte auf mein Handy und war entsetzt. Da stand es: Minus 2 Grad und das für mehrere Stunden. Uns war klar, dass wir nicht über mehrere Nächte verschieden Feuerstellen im Garten errichten würden, um die großen alten Obstbäume zu schützen. Doch wir wollten wenigstens ein paar Blüten von den Jungbäumen retten, in der Hoffnung, dass wir dann im Herbst ein paar Früchte ernten könnten. So packten wir unsere Jünglinge mit Stofflaken ein. Ob es hilfreich war, werden wir bald sehen. Die eingepackten Bäume waren ein besonderer Anblick. Und die kalten rauen Vollmondnächte erinnerten noch einmal an den vergangenen Winter.
Ich verpflichte mich für 1 Jahr
Wie aufregend. Für ein Jahr bin ich nun in der Content Society mit dabei. Warum? Weil ich lernen möchte, Blogs zu schreiben. Weil ich herausfinden möchte, was ich gerne mit der Welt teilen möchte und welche Gaben ich zur Verfügung stellen kann. Was wird denn gebraucht? Womit kann ich die Welt inspirieren und ein wenig lichter machen? Ist Bloggen wirklich etwas, das mich erfüllt? Kann ich durch das Bloggen sichtbar werden? Kann ich mit bloggen Gewohnheiten wandeln sichtbar machen? Ich weiß es nicht. Und ich kann es nur herausfinden, indem ich es ausprobiere. Ein Jahr. Verdammt lang. Jede Woche einen Blog schreiben. Unvorstellbar für mich.
Ich habe mich schon bei etlichen Kursen angemeldet, die sich rund um die Sichtbarkeit im Internet drehten. Doch jedes Mal habe ich dann noch im Probezeitraum gekündigt. Es fühlte sich doch nie so an, als ob der Kurs das Richtige für mich sei. Und tatsächlich hatte ich gestern auch mit diesem Kurs schon meine erste Krise und dachte ans Aufhören. Doch es gab eine Stimme in mir, die mich darauf hinwies, dass es dann so langsam eine schlechte Gewohnheit. Aufgeben oder durchhalten? Heute habe ich in einem Newsletter gelesen, dass Erwachsen sein auch etwas mit Ausdauer und Geradlinigkeit zu tun hat. Anstatt hin und her zu eiern und zu zweifeln. Ich kenne es gut von Gewohnheiten-wandeln. Ich kenne die Zeiten, in denen ich dann doch lieber wieder rauchen oder ein Bier trinken wollte und dennoch entschied: Egal, wie es sich jetzt anfühlt, ich bleibe dabei und gebe nicht auf. So habe ich gelernt, meinem inneren Widerstand nicht immer gleich nachzugeben. Auch wenn die motzige, frustrierte, kleine Heike jetzt nicht will, ich die Große und die Erwachsene will. Sie gibt sich nicht jeder Unlust hin. Sie nimmt nicht jeden Widerstand ernst. Einfach mal tun, vertrauen und sehen, was passiert. Für ein Jahr.
Wer weiß. Vielleicht wird es ja etwas mit meinem Traum: Reisend und bloggend unterwegs im Piaggio Porter.
Was im April 2024 sonst noch los war
- Kunst an der Scheunenwand: Ich habe in Istrien in einem Atelier eine Bildertransfertechnik gesehen, die mich sehr fasziniert hat. Der Galerist hat mir gerne erklärt, wie er die Bilder transferiert. Ich habe es ausprobiert und ein wenig geübt. Nun hängen ein paar Bilder an der Scheunenwand.
- Es gab eine Menge Geburtstage. Mein Sohn wurde 24 Jahre alt. Mein Liebster wurde fast 60 Jahre. Eine Freundin wurde 40 Jahre. Meine Tante 90 Jahre. Wauw, welch reiches Spektrum an Leben!
- Die Solaraußendusche ist installiert. Ich freue mich jedes Jahr auf unser Badezimmer im Freien. Es ist herrlich das eingesammelte Regenwasser mit Sonnenenergie zu heizen und dann das warme Wasser auf der Haut zu spüren. An sonnigen Tagen zeigt das Thermometer schon mal an die 60 Grad.
- Die Vorlesungszeit an der HU zu Berlin hat begonnen. Für mich ist die erste Veranstaltung auch nach vielen Jahren als Dozentin immer wieder aufregend. Jede Gruppe ist anders. Der Start war gut!
Liebe Heike, oh ja, ein neues Projekt von dir! Die TÜV Geschichte hat mich ganz schön mitfiebern lassen..Macht Spaß zu lesen und um dich zu wissen.
Mach weiter.
Auf bald!
Und einen lieben Gruß,
Julia.
Liebe Julia,
wie schön, dass du mitliest.
Das freut mich sehr!
Ja. Auf bald!
Liebe Grüße zu dir
Heike
Pingback: KW18/2024: Alle TCS-Blogartikel - The Content Society
Hallo Heike, welch eine schöne Idee, eine Möglichkeit der Auszeit zu schaffen. Irgendwie haben doch alle Jahreszeiten ihren Reiz und für die dauerhafte Bestückung findest du bestimmt auch noch Lösungen.
Viele Grüße
Simone
Liebe Heike, ich finde deine Blogs jetzt schon wunderbar. Habe deinen Monatsrückblick durchweg mit Vergnügen gelesen. Und mit ehrlicher Bewunderung. Dass du dich sichtbar machst, mit allen Höhen, Tiefen, Kanten und Dellen. Sehr authentisch. Danke!
Liebe Grüße Jacqueline
Liebe Jacqueline,
vielen Dank für deinen Kommentar! Gerade in den Anfängen tut ein solch wunderbares Feedback sehr gut! Ja, es ist aufregend, sich sichtbar zu machen. Und welch schöne Überraschung, dass meine Worte gelesen werden. Authentisch schreiben ist wirklich mein großer Wunsch. Sichtbar zu sein, ehrlich und wahrhaftig. Wenn du das so wahr genommen hast, freue ich mich. Liebe Grüße zu dir Heike