Inspiriert von dem Blogparadenaufruf von Heike Metz: „Blogparade: Wie ich mir Ruheinseln im hektischen Alltag schaffe“ habe ich mich gefragt, wie es mit meiner eigenen Ruheinselpraxis aussieht. Ich meine, dass es eine gute Gewohnheit ist, sich Ruheinseln im Alltag zu etablieren.
Es hat mir Freude bereitet, dieses Thema für mich zu beleuchten. Besonders interessant finde ich die Erkenntnis, dass wir zu jeder Zeit eine Ruheinsel in uns aufsuchen können. Und ich habe erkannt, dass es mich herausfordert, eine Balance zu finden, zwischen ordentlich etwas wegschaffen und meine Ruheinseln im Alltag gewohnheitsmäßig aufzusuchen. Doch lest selbst, was bei meiner Ruheinsel-Forschungsreise herausgekommen ist.
Wenn ich meine Ruheinseln als gute Gewohnheit vergesse
- Mal wieder habe ich mir den Tag zu voll gepackt.
- Mal wieder war mir das nicht klar.
- Erneut sehe ich im Vorbeilaufen, dass viele Dinge noch getan werden müssen.
- Zum wiederholten Mal mache ich am Morgen kein Yoga, weil es mir zu Zeitaufwendig ist.
- Auf einen Spaziergang verzichte ich, weil ich liebe noch schnell was erledige.
- Schwitzen in der Therme. Lieber erst morgen. Heute ist dafür keine Zeit.
- Abends in den Sternenhimmel schauen und zusehen, wie eine Sternschnuppe fällt. Dafür habe ich jetzt keinen Nerv.
- …
Ich könnte die Liste noch um einiges ergänzen.
Meine antrainierte Gewohnheit
Wieso gelingt es mir manchmal nicht meine vielen Ruheinseln, die ich mir geschaffen habe aufzusuchen? Vielleicht, weil ich gerne arbeite. Ich mag es kreativ zu sein, neues zu lernen und mir neue Herausforderungen zu stellen. Doch in all dem Tun verpasse ich manchmal meine eigene Grenze wahr zunehmen und dann wird mir aus heiterem Himmel alles zu viel und ich fühle mich überfordert.
Dann finde ich die stimmige Balance zwischen arbeiten und Pause machen nicht. Mein Kopf ist voller Ziele, Ideen und Aufgaben. In solchen ideenreichen Zeiten neige ich dazu, mehr schaffen zu wollen, als ich bewältigen kann. Leistung zu erbringen, ist meine antrainierte Gewohnheit. Meine Ruhinseln im Alltag aufzusuchen ist eine noch eher neue Gewohnheit und somit nicht immer greifbar.
Früher verglich ich mich gerne, wollte andere überflügeln und nahm die Herausforderung, besser zu sein als andere gerne an. Es bereitete mir Freude, mich über meine Grenzen hinweg anzustrengen. Je härter, umso besser! Das Gefühl, komplett ausgepowert zu sein, genoss ich in vollen Zügen. Am Abend fiel ich todmüde und glücklich ins Bett, weil ich alles gegeben hatte.
Wenn Leistung abliefern keine Freude mehr macht
Doch diese leistungsorientierten Gewohnheiten verloren im Laufe meines Lebens an Glanz und Wirksamkeit. Habe ich früher voll gerne gekämpft und mich angestrengt, ohne dabei einen Energieverlust zu verspüren, strengt mich diese Form von Leistung heute an. Ich habe immer seltener Lust, mich zu messen und zu vergleichen. Die Leistungsgewohnheiten werden weniger. Ich mag noch immer Herausforderungen. Ich lerne noch immer gerne dazu. Auch heute strenge ich mich gerne an, um etwas gutzumachen. Und dennoch hat sich mein Kontext komplett verändert. Die Nächte durchmachen und am nächsten Tag einfach weiter machen, das ist schon lange vorbei. Das, was früher voll Spaß gemacht hat, ist heute mühsam geworden: Ich hüpfe nicht mehr von einer Verabredung zur nächsten. Ich habe begriffen, dass keine Zeit haben und ständig beschäftigt sein, nicht zwangsläufig ein Ausdruck von einem erfüllten Leben ist. Ruheinseln im Alltag, als gute Gewohnheit zu etablieren, macht somit für mich Sinn.
Neue Gewohnheiten kommen, alte gehen
Die Gewohnheit, Leistung abzuliefern hat mir Sicherheit gegeben und den Eindruck, wer zu sein: „Ich leiste, also bin ich.“ Doch dann blieb das Gefühl von Sicherheit und wer zu sein trotz Leistung aus. Viele soziale Kontakte und Gruppen, in denen ich mich lange beheimatet gefühlt habe, verloren das Etikett: Heimat und sicherer Hafen. Gewohnheiten funktionierten nicht mehr. Es vollzog sich ein langsamer Prozess von Außen nach Innen. Es waren nicht mehr nur Leistung und soziale Kontakte, die mich erfüllten. Alleinsein gewann an Attraktivität für mich. Seit geraumer Zeit erfahre ich, dass ich diese Zeiten mit mir benötige, um Kraft zu sammeln und Gedanken und Gefühle zu sortieren. Das Alleinsein hat sich als meine Ruheinsel im Alltag als gute Gewohnheit bewährt.
Meine Ruheinsel in mir
Mit mir alleine zu sein, ist eine Gelegenheit, in mir selbst Ruhe zu finden. Die Konzentration, die nach außen gerichtet war, kehrte dann Stück für Stück zu mir zurück.
Mit mir zu sein, zu entspannen und mir selbst zuzuhören ist ein Lernprozess. Meine alten Gewohnheiten von Leistung bringen, beschäftigt sein, andauernd Aus- und Fortbildungen zu machen oder permanent im Außen nach Antworten suchen nimmt ab. Meine Innenschau wird mir wichtiger.
Es wird stiller, ruhiger und konzentrierter.
Es ist wie ein Gong, der mich erinnert, dass ich eine Ruheinsel in mir habe.
Die Ratgeberin in mir, eine Ruheinsel
Die Ratgeberin in mir habe ich während meiner Zigaretten Entwöhnungszeit für mich gefunden. Techniken, wie schreiben, bewusste Atemarbeit, Meditation oder Schwitzen, helfen mir, mich mit meiner inneren Stimmen und meiner Intuition zu verbinden. Wenn ich still werde, kann ich meine Ratgeberin in mir wahrnehmen. Dieser innere Raum, den ich bildlich vor mir sehe, ist mein Raum von Sicherheit. Hier kann ich meine Fragen stellen und auf Antworten lauschen. Meine Ratgeberin ist meine Ruheinsel in mir.
Eine Ruheinsel im Alltag, als gute Gewohnheit ist mein Garten
Im Laufe der Jahre habe ich auf meinem wunderschönen Fleckchen Erde etliche wunderbare Ruheinseln in der Natur geschaffen: Einen Sitzplatz von Weintrauben umrankt;
einen Sitzplatz, an einem kleinen Brunnen;
einen Sitzplatz in der Remise, eine Hängematte zwischen den Obstbäumen,
eine Bauwagen-Ruheinsel und einen Piaggio Porter als fahrende Ruheinsel.
Eigentlich ein Traum. So viele Ruheinseln im Garten. So viele Möglichkeiten, die Ruheinseln im Alltag als eine gute Gewohnheit aufzusuchen.
Ruheinsel oder Fluch?
Doch was ich in meiner Euphorie des Gestaltens übersehen habe, ist die Tatsache, dass jede einzelne Ruheinsel, gehegt, gepflegt und belebt werden will. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich zu viele magisch Ruheinseln habe, die nach Pflege rufen. Außerdem schenke ich auch fremden Menschen die Möglichkeit, hier auf unserer wunderbaren Ruheinsel ein paar Tage zu verweilen. Das bedeutet auch: Arbeit, Pflege, Dienstleistung. Das mache ich sehr gerne. Eng und anstrengend wird es, nur wenn zu viele Gäste hintereinander kommen und ich vor lauter Putzen, waschen, Garten pflegen, Vorlesungen halten, Blog schreiben, Haus und Hof verwalten, Hobbys pflegen wollen, Menschen treffen wollen – kein Land mehr sehe.
Viel arbeiten, eine gute Gewohnheit?
Wir leben erwiesenermaßen in einer süchtigen Gesellschaft und es gibt viele arbeitssüchtige Menschen. Arbeitssucht ist eine Sucht, die in der Gesellschaft befeuert und gefeiert wird. Zudem erhält man damit häufig Lob und Anerkennung und wenn es gut läuft auch noch richtig viel Geld. So erkennen die meisten Menschen gar nicht, dass sie in einer Sucht gefangen sind. In einem Zwang viel schaffen zu müssen. In einer Gewohnheit, nie zu Ende zu kommen. In einem Rausch des Tuns euphorisch gefangen, bis dann die Euphorie von einer Leere und Mattheit abgelöst. Und das manchmal in einem schnellen Hin und Her.
Für mich war das echt ein Schock, als ich bemerkte, dass ich auch zu den Arbeitssüchtigen gehöre und mir darüber viel Selbstbestätigung abhole. Zudem habe ich lange gedacht, dass viel Arbeiten das richtig und gute Leben ist. Ich bin einfach daran gewöhnt, von morgens bis abends zu tun. Im Sommer, wenn es lange hell ist, nutze ich die milde schöne Abendzeit gerne für Gartenarbeit. Gartenarbeit ist für mich häufig eine Ruheinsel. Doch manchmal wird diese Ruheinsel, auf der ich glücklich vor mich hin arbeite, auch zu einer Stressinsel: plötzlich schaue ich mit den Leistungs- und Anspruchsaugen in den Garten und sehe nur noch Arbeitsstellen: nicht schön genug, gut genug, gepflegt genug, kreativ genug – eben nicht gut genug! Dann beginne ich mich zu ärgern. Ich verlange von mir und von anderen, dass der Garten besser werden muss. Ich bin sauer und die Ärgershow nimmt ihren Lauf.
Meine Ruheinseln als gute Gewohnheit auch wirklich nutzen
Dann muss ich mich daran erinnern, dass auch ich fleißige Schafferin meine Ruheinseln im Alltag nutze. Das ist für mich die Herausforderung: die Ruheinseln im Alltag, als eine gute Gewohnheit etablieren.
Yoga: meine Ruheinsel im Alltag als gute Gewohnheit – oder meine Stressinsel?
Das kann ich auch auf meine Yogaroutine übertragen: Yoga machen, um einen Haken zu setzen, bringt es einfach nicht. Yoga zu machen, weil gesagt wird, das sei gut, bringt es einfach nicht. Ich habe schon sehr lange eine Yogaroutine. Meine erste Yogawelle hatte ich Mitte zwanzig. Und seither kehrt Yoga regelmäßig in mein Leben zurück. Seit mehreren Jahren mache ich eine bestimmte Yogasequenz. Wann immer ich diese Sequenz mehrmals in der Woche wiederhole, geht es mir körperlich merklich besser. Das heißt, spätestens, wenn ich wieder Schmerzen im Nacken habe, lege ich mich morgens auf die Matte. Eine Gewohnheit, auf die ich wirklich in der meisten Zeit meines Lebens gut zurückgreifen kann.
Fluch oder Segen, das entscheidet mein eigener Blick
Meine Erkenntnis: Ruheinsel sind nicht automatisch Ruheinseln. Es liegt an mir, wie ich mit den Ruheinseln umgehe. Mein Garten, je nach Blick eine Quelle der Erholung, Stille und Schönheit oder eine Quelle des Stresses und des Tuns müssen. Yoga: eine notwendige Körperdisziplin, die getan werden muss oder ein Hilfsmittel, um mich mit meinem Körper und mir zu verbinden.
These: Jede Tätigkeit kann eine Ruheinsel sein. Es liegt an meiner Einstellung und mir.
Bei dieser These taucht mir ein Bild auf: Ein Mönch, der auf einer laut befahrenen Straße meditiert. Der Lärm im außen lenkt ihn nicht ab.
Und so wünsche ich mir für uns alle, dass zu jeder Zeit die Ruheinsel im gegenwärtigen Augenblick wahrnehmen können.
Unsere Welt wird immer schneller, und es scheint schwieriger denn je, kleine Oasen der Ruhe im hektischen Alltag zu finden. Umso wichtiger ist es, bewusste Pausen einzulegen, um Kraft zu tanken und wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Bei meiner Blogparade „Ruheinseln im Alltag“ haben sich viele inspirierende Bloggerinnen Gedanken darüber gemacht, wie sie persönliche Ruheorte und Rituale schaffen, die ihnen dabei helfen, dem Stress zu entfliehen. Vielen Dank euch allen!
In einem Wrap-up-Artikel habe ich die schönsten, originellsten und praktischsten Tipps zusammengestellt, die während dieser Blogparade zusammengekommen sind. Jeder Beitrag bietet neue Perspektiven und Ideen, wie wir uns Momente der Entspannung schaffen können – egal, wie hektisch unser Leben auch sein mag.
Was alle Beiträge gemeinsam haben, ist die Erkenntnis, dass wir die Verantwortung für unser Wohlbefinden selbst in die Hand nehmen können, indem wir uns regelmäßig Zeit für uns selbst nehmen. Echte Selbstfürsorge betreiben und die ein oder andere Ruheinsel schaffen, auf der wir unsere kleinen und größeren Auszeiten verbringen können.
Ich hoffe, dass diese Zusammenstellung dir Inspiration gibt, deine eigenen Ruheinseln zu entdecken und zu gestalten.
https://heiko-metz.de/ruheinseln-im-alltag-schaffen/
Viele Grüße
Heiko
Pingback: Ruheinseln im Alltag schaffen: 22 Tipps für mehr Balance
Pingback: Ruheinseln im Alltag schaffen: 22 Tipps für mehr Balance
Pingback: KW33/2024: Alle TCS-Blogartikel - The Content Society
Hallo Heike,
vielen Dank für deinen sehr nachdenklich-reflektierenden Beitrag zu meiner Ruheinseln-Blogparade.
Mir gefällt besonders die Reflexion über Arbeit als Sucht und die Pflegebedürftigkeit von Ruheinseln. Vielen Dank für deine Impulse.
Ich persönlich kann seit meiner Burn-out-Erfahrung deine Gedanken rund ums Leisten und Im-Wettbewerb-Sein sehr gut nachvollziehen. Ich bin eigentlich voll der Arbeits-Mensch, bringe gerne Leistung, messe mich gern mit anderen, mache Überstunden, übernehmen Verantwortung, suche nach Lösungen etc. – vielleicht bin ich auch arbeitssüchtig?! Mit dem Burn-out, viel reflektieren, lernen wieder auf mich zu hören usw., ist da eine Wandlung vorgegangen. Ich glaube, ich ahne immer mehr, dass es für alles ein Zu-Viel gibt. Auch und vielleicht besonders für Arbeit. Und ich möchte diese Grenze nicht mehr überschreiten. Ein Burn-out reicht mir völlig.
Gott befohlen
Heiko